Let the Road Trip begin!
Ein schnödes DIN A4-Blatt, darauf unsere Namen, Geburtsdaten, sowie die Klassen und Ausstellungsdaten unserer Führerscheine, das ganze mit einem Stempel des Vize-Generalkonsuls der Bundesrepublik Deutschland geziert. So sehen die Führerscheinübersetzungen aus mit denen wir am frühen Nachmittag das Deutsche Konsulat in einem Villenviertel in der Melbourner Vorstadt verlassen. 40 AUS-$ oder umgerechnet etwa 30 EUR hat uns der Spaß gekostet. Klingt unverhältnismäßig teuer? Ist es aber eigentlich gar nicht, wenn man bedenkt, dass zum Ausfüllen der ordinären Formularvorlage drei vermutlich gutbezahlte deutsche Beamten ca. eine Stunde benötigten. Außerdem gibt es im Preis inbegriffen eine Stunde echtes Heimatgefühl am anderen Ende der Welt; stilecht im RAL-Farbton "germanisch-amtsgelb" gehalten bietet das Wartezimmer nicht nur ein lebensgroßes Porträt Christian Wulffs, sondern auch einen ausgetrockentem Wasserspender und eine reichhaltige Auswahl an Flyern des Goetheinstituts. Die ganze Aktion mit dem Führerschein war also im Großen und Ganzen deutlich komplizierter, als wir in unserer spätjugendlichen Naivität erwartet hatten. Somit gilt es nun keine weitere Zeit zu verlieren, sondern schnurstracks mit S-Bahn und Bus an den Stadtrand zu gelangen. Irgendwo dort soll uns die Freiheit der Straße in Form unseres reservierten Campervans erwarten. Bei jenem handelt es sich - optimistisch ausgedrückt - um eine ziemliche Schrottkarre; Knapp 350.000 Kilometer zeigt der Tacho des rundum gleichmäßig zerbeulten Vehikels, das wir am frühen Nachmittag in einem ebenso heruntergekommenen Industriegebiet an der Melbourner Niederlassung von "Wicked Campers" in unsere Obhut nehmen. Aber genau so etwas haben wir auch erwartet und vielleicht sogar ein bißchen gewollt. Dafür hat unsere neue Unterkunft für die kommende Woche alles was wir brauchen: eine zur Liegefläche umwandelbare Sitzgruppe in der Mitte, eine kleine Pantry mit archaischem Gaskocher im Heck, vier Räder, eine verwegene Grafittibemalung und einen muffig-matschigen Charme, der ein hohes Abenteuerpotential verspricht. Apropos Abenteuer: Ich darf als erstes ans Steuer. Etwas ungewohnt ist es ja schon auf der falschen Seite zu fahren. Zum Glück geht es zunächst erst einmal zur Eingewöhnung auf die Autobahn, richtung Geelong. Dort wird der Aldi am Ortseingang halb leergekauft und die Bordpantry mit einem Grundstock an Wein, Nüssen und Dosensuppen ausgestattet. Nun steht dem Road Trip wirklich nichts mehr im Wege. Unser erstes Nachtquartier schlagen wir kurz nach Einbruch der Dunkelheit auf einem Parkplatz am Strassenrand etwas südlich von Torquai auf. Ein Öffnen des Fensters offenbart: Es hört sich an wie Ozean, es sieht aus wie Ozean, es riecht wie Ozean. Es ist schließlich auch Ozean - der Südliche Ozean um genau zu sein. Und während die Brandung vor sich hin plätschert, klingt unser erster Tag auf der Straße mit Nüssen und der Flasche sehr leckeren 20-Dollar Cabernet-Sauvignon (einem der besten Aldi-Weine, den ich je aus einem Plastikbecher getrunken habe) gemütlich aus. weiter...